Eine Hochzeit ohne Kamera ist möglich, aber sinnlos!
Gestern war ich mal wieder auf einer Hochzeit. Das ist nichts außergewöhnliches für mich, denn als Fotograf bin ich das regelmäßig. Allerdings war ich mal nicht der Hochzeitsfotograf, sondern ich war mit meiner Freundin als Gast eingeladen. So richtig mit in der Kirche still auf einem Platz sitzen und zuhören und nicht die Hochzeit durch eine Kamera zu dokumentieren. Ich kann mich ehrlich gesagt momentan nicht daran erinnern wann ich zuletzt wirklich ohne Kamera auf einer Hochzeit gewesen bin. Diesmal war die einzige Kamera nur in meinem Smartphone… Und die ist nicht zu gebrauchen, außer für Schnappschüsse wie oben. 😉
Ich kam mir richtig nackt vor. Aber es bot sich mir die Chance das ganze von der anderen Seite zu beobachten. Mein sehr geschätzter Fotografenkollege Oliver Pohl war für diese Hochzeit gebucht und fotografierte diese für das Brautpaar. Ich sollte die Hochzeit ja als Gast genießen und erleben.
Eine schöne Trauung mit einem tollem Brautpaar. Ich bin schon ganz gespannt auf die Fotos, meine neugier ist groß. Und auch hier zeigte sich die andere Sichtweise. Ich weiß wie meine Kunden sich fühlen wenn sie auf die Fotos warten, wenn ich ihre Hochzeit fotografiere.
Ich konnte das leckere Essen genießen, musste keine Sorgen haben irgendwelche wichtigen Momente zu verpassen, denn dafür war Oli da.
Nach dem Essen hatte Oli seinen Job erledigt und konnte Feierabend machen. Eine Clique hatte noch tolle Überraschungen für das Brautpaar geplant und diese Vorgeführt.
Aber dann kam der Moment wo ich so langsam innerlich immer nervöser wurde. Die Hochzeitstorte und der Hochzeitstanz würden gleich als nächstes kommen. Mir schoss es durch den Kopf: „Warum hast Du deine Kamera nicht einfach mitgenommen, man bist Du blöd!“ Aber ich sollte auf der Hochzeit wirklich mal Gast sein.
Dann legte mein Sitznachbar seine Kamera, eine Nikon D800, auf den Tisch. Ich ertappte mich immer wieder dabei wie ich die Kamera süchtig anschaute. Ihm muss es wohl aufgefallen sein. „Möchtest Du damit gleich fotografieren? fragte mich der Besitzer der Nikon. Ich kam mir vor wie ein „Suchti“, ein Raucher der auf Entzug ist und dem man eine Zigarette anbot. Ich konnte nicht widerstehen. Natürlich wollte ich fotografieren. Nein ich wollte nicht, ich musste!
Ein Arzt leistet im Notfall ja auch erste Hilfe und schaut nicht einfach nur zu was passiert.
Auch wenn die Nikon von der Bedienbarkeit gegensätzlich zu meinem Canon System ist und die Knöpfe anders angeordnet sind und somit ein blindes arbeiten mir unmöglich machte. So versuchte ich doch trotzdem das beste aus Kombination der D800 mit der 50mm Festbrennweite und mir herauszuholen, denn die Regeln der Fotografie (Iso, Zeit und Blende) sind ja zum Glück Marken unabhängig gleich.
Und dann kam der Moment, der Hochzeitstanz. Die Vorfreude, dass meine Sucht gleich befriedigt würde, war groß. Ich fotografierte das Brautpaar auf der Tanzfläche und ich war glücklich. Ja fotografieren macht süchtig. Aber ich glaube das ist genau das warum ich meinen Beruf so liebe. Momente für die Ewigkeit fest zu halten. Deshalb: Eine Hochzeit ohne Kamera ist möglich, aber sinnlos! 😉
P.S. Die Hochzeit war wunderschön, ich hatte viel Zeit für tolle Gespräche und es war schön das ganze mal von der anderen Seite zu sehen. Ich habe viel für meine Arbeitsweise mitgenommen. Aber ich als Fotograf kann nicht anders… Ich MUSS fotografieren, wenn kein Fotograf da ist… 😉